Masterplan für zukunftsweisende Mobilität in Düsseldorf

Als sich im Sommer 2017 Regierung und Autobauer zum »Dieselgipfel« trafen, lag das Ergebnis auf der Hand: Die Luft in den Städten muss sauberer werden. Das Förderprogramm »Sofortprogramm saubere Luft« mit einem Budget von einer Milliarde Euro soll das ermöglichen. Gefördert werden vor allem digital und physisch vernetzte Verkehrsangebote sowie Elektromobilitätsmaßnahmen. Einen Teil der Gelder hat die Stadt Düsseldorf bereits eingeworben. Aber wie spielen die einzelnen Maßnahmen übergeordnet zusammen, und welche NO2-Potenziale resultieren daraus? Das Fraunhofer IML hat bei der Erstellung des Masterplans für eine emissionsarme und lebenswerte Stadt mitgearbeitet – der Plan kommt ohne Fahrverbote aus.

Wie viele andere große Städte kämpft Düsseldorf mit schlechter Luft. Insbesondere die NOx-Belastung im inneren Ring der Stadt ist viel zu hoch. Grund hierfür ist der starke Verkehr. Jeden Tag kommen bis zu 300.000 Pendler in die Stadt, 75 Prozent von ihnen mit dem eigenen Auto. Hier setzt der Masterplan ebenso an wie bei der Mobilität der Lokalbevölkerung – und der Logistik. »Der Masterplan verbindet und erweitert die schon bestehenden Pläne verschiedener Ämter der Stadt«, beschreibt Projektkoordinator David Rüdiger. Dadurch wird der Plan besonders effektiv. »Durch die Umsetzung integrierter Verkehrsprojekte soll die Luftqualität in Düsseldorf in den kommenden drei Jahren wesentlich verbessert werden. Neben kurzfristig wirksamen Aktionen werden strategische Leitbilder für die mittel- bis langfristige Verkehrsentwicklung vorgestellt«, erläutert die Verkehrsdezernentin der Landeshauptstadt Düsseldorf, Cornelia Zuschke.

© Fraunhofer IML

Die Bevölkerung soll ins Boot geholt werden

Diese Maßnahmen werden im Masterplan auch bildlich dargestellt: »Wir haben Grafiken entwickelt, bei denen man auf einen Blick sehen kann, um was es geht. So werden der Dialog mit der Bevölkerung und die gemeinsame Entwicklung neuer Ideen einfacher«, beschreibt Rüdiger, Verkehrs- und Umweltexperte des Fraunhofer IML, die Motivation hinter der grafischen Aufbereitung. Denn die durch den Masterplan kombinierten spezifizierten Maßnahmen sind vielfältig und greifen wie Zahnräder ineinander: Neue Radschnellwege, ein neuer Regionalexpress und Schnellbusse sollen Pendlern den Weg in die Metropole erleichtern. Auch der Flughafen wird mit einer neuen U-Bahn-Linie besser angebunden; Busse und Bahnen fahren häufiger. In der Stadt erwartet Pendler und Einheimische eine Vielzahl an Möglichkeiten, um den Weg zum Arbeitsplatz zurückzulegen: Leihräder (auch E-Bikes für die entspannte Fahrt), Car-Sharing-Elektroautos, On-demand-Kleinbusse oder Sharing-Elektroroller bieten zusammen mit emissionsarmen Bussen viele Optionen. Eine App ermöglicht dabei eine Routenplanung in Echtzeit – sogar mit einer Empfehlung für die aktuell schnellsten Verkehrsmittel. So wird Multimodalität gefördert.

Fortschritt für alle

Davon profitieren natürlich auch die Düsseldorfer. Wer in der Innenstadt lebt, kann sich dann nicht nur über bessere Luft, sondern auch über einen bequemer organisierten Alltag freuen. So soll zum Beispiel die Bezuschussung für den Erwerb von Lastenrädern durch Privatpersonen geprüft werden, wie es bereits in Berlin oder Stuttgart umgesetzt ist. Damit können auch größere Einkäufe mit dem Rad erledigt werden. Die Straßen sollen große Paketstationen bekommen, so dass Lieferungen zu jeder Tageszeit fast bis vor die Haustür erfolgen können. Wer mit dem Rad zur nächsten Haltestelle fährt, kann sich auf dem Weg über breite und sichere Radwege freuen und sein Fahrrad am Ziel sicher in einem Fahrradparkhaus oder einer Radbox abstellen. Zudem werden dank neuer Regelungen für Homeoffice-Tage die Wege in die Stadt seltener nötig. Stadt und Betriebe arbeiten hierzu im Rahmen der seit 2017 bestehenden Mobilitätspartnerschaft intensiv zusammen. Und auch die dank E-Mobilität gesunkene Lautstärke vor der Tür dürfte sich positiv bemerkbar machen. Das betrifft nicht nur Privatfahrzeuge, denn ab 2019 wird die erste Buslinie in der Stadt vollständig elektrisch fahren. Weitere E-Busse sollen nach und nach ins Verkehrsnetz integriert werden. 

 

Ämter gehen mit gutem Beispiel voran 

Auch die Stadt selbst setzt auf zukunftsfähige Antriebe und ersetzt Stück für Stück ihre Fuhrparks mit E-Autos. Bereits heute kommt jeder zweite Pkw des städtischen Fuhrparks ohne Diesel oder Benzin aus – im Bundesvergleich ein Spitzenwert. Auch hier öffnet der Gedanke »teilen statt besitzen« viele Türen – im Falle des städtischen Fuhrparks sogar wortwörtlich. Dieser soll in Teilen nach Dienstschluss und außerhalb der Stoßzeiten per Car-Sharing für Mitarbeiter bzw. Privatpersonen nutzbar werden. Auch anderweitig werden Unternehmen in Düsseldorf mit eingebunden: Firmenwagen können im Corporate Car-Sharing von allen im Betrieb gemeinsam benutzt werden, die Anschaffung neuer E-Autos und E-Lkw wird durch vergünstigte Sammelbestellungen auch für kleine und mittlere Unternehmen attraktiv.

 

Organisation ist alles

Auf logistischer und organisatorischer Ebene entstehen neue Projekte und Verbindungen: Im Hafen entsteht der »City Hub«. Alle Lieferungen für die Innenstadt kommen hier an, egal ob per Schiff oder mit großen Lkw. Sie werden sinnvoll zusammengestellt und einmal täglich mit E-Lkw verkehrsoptimiert in die Stadt gebracht. Lieferungen für Haushalte werden an Umschlagpunkten zwischengelagert. Dort nehmen Lastenräder oder kleinere E-Fahrzeuge die Waren auf und verteilen sie weiter. Die Verkehrsoptimierung erfolgt dabei durch ein Staumonitoring, intelligente Ampelsysteme, digitale Parkrauminformation und eine Anpassung der jeweils erlaubten Geschwindigkeiten an die Verkehrssituation. Durch die Verbindung mit anderen Leitstellen in der Region und den Leitstellen des öffentlichen Personennahverkehrs können auch öffentliche Verkehrsmittel oder Rettungsdienste auf eine »grüne Welle« geschaltet werden und kommen schneller ans Ziel.

In nur sechs Monaten entwickelten städtische Ämter und das Fraunhofer IML den Masterplan. »Das war ein ambitioniertes Vorhaben«, so Rüdiger. Ab Herbst 2018 werden die ersten der 24 Maßnahmen zur Verbesserung der Luft umgesetzt. Alle Sofortmaßnahmen sollen bis einschließlich 2020 umgesetzt sein. Sie sorgen dafür, dass Düsseldorf die vorgeschriebenen Ziele der Landesregierung zwei bis drei Jahre eher erreicht. »Doch unser Plan ist nicht abgeschlossen. Er ist offen und lädt zum Dialog ein – wir freuen uns darauf, ihn auch über 2025 hinaus weiter zu entwickeln«, so der Fraunhofer-Mitarbeiter. 

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Dr.-Ing. David Rüdiger

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