3D-Druck steht an der Schwelle zur Serienproduktion

Der Siegeszug der 3D-Druck-Technologie hat sich im Laufe der letzten Jahre weiter beschleunigt. Immer mehr Materialien können schneller und in deutlich besserer Qualität gedruckt werden. Diese Art der Fertigung kann sowohl für Einzelstücke als auch für Serien genutzt werden – und das rund um die Uhr. Kürzere Lieferketten, die Vermeidung von Überproduktion und Ersatzteillagern, der Einsatz von recyclingfähigen Materialien im Kreislaufsystem lassen sich hierdurch realisieren. Die Anwendungsfelder scheinen unendlich. Aus diesem Grund forscht das Fraunhofer IML im Projekt »POLYLINE« zusammen mit 15 Verbundpartnern aus Forschung und Industrie daran, die additive Fertigung in eine automatisierte Fertigungslinie zu integrieren.

 

Wurde der 3D-Druck bisher nur für Nischenprodukte und für den Prototypenbau genutzt, so wird er nun zur Schlüsseltechnologie. Mit der additiven Fertigung, wie der 3D-Druck im industriellen Kontext genannt wird, lassen sich auch individualisierte Teile in großen Mengen produzieren. Trotzdem können Unternehmen den 3D-Druck momentan nicht ohne weiteres in ihre vorhandenen Prozesse integrieren, denn dabei verändern sie den Fertigungsprozess grundlegend. Das Fraunhofer IML möchte Unternehmen dabei unterstützen, die Relevanz von additiven Fertigungsverfahren für die eigenen Unternehmensprozesse und Geschäftsfelder zu identifizieren und mit einem ganzheitlichen Ansatz zu heben.

 

Verbindung additiver Fertigung mit konventionellen Fertigungstechniken

»Wir wollen die additive Fertigung auch innerhalb robuster Verfahren nutzen«, sagt Mathias Rotgeri, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Maschinen und Anlagen am Fraunhofer IML. »Momentan gibt es aber noch keine prozesskettenübergreifende Standards, die es ermöglichen würden, die additive Fertigung ohne größeren Aufwand in die Fertigungslinie zu integrieren.« Unternehmen setzen den 3D-Druck bisher nur in Form isolierter Einzelprozesse ein. »Dadurch müssen Mitarbeiter zahlreiche Prozessschritte manuell ausführen. Das kostet Zeit, Ressourcen und sorgt dafür, dass die Flexibilität verloren geht«, erklärt Rotgeri. Es ist also ein Konzept nötig, das konventionelle Fertigungstechniken wie Zerspanen oder Gießen mit der additiven Fertigung verbindet.

Diese Integration möglichst automatisiert und effizient umzusetzen, ist das Ziel des Projekts »POLYLINE«. Seit Februar 2020 arbeitet das Fraunhofer IML in POLYLINE zusammen mit Projektpartnern, wie unter anderem dem Autobauer BMW Group sowie EOS, dem weltweit führenden Technologieanbieter im industriellen 3D-Druck von Metallen und Kunststoffen. Gemeinsam wollen sie die »digitalisierte Fertigungslinie der nächsten Generation« entwickeln. Mit dieser sollen Kunststoffbauteile für die Automobilbranche hergestellt werden – sowohl Serienbauteile als auch personalisierte Komponenten in großen Stückzahlen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt, das eine Laufzeit von drei Jahren hat, mit 10,7 Millionen Euro.

Verknüpfung und Automatisierung von Arbeitsschritten

Der Fokus des Fraunhofer IML liegt bei diesem Projekt auf der Erstellung eines geeigneten Materialflusskonzepts, das die verschiedenen Arbeitsschritte innerhalb der additiven Fertigung miteinander verknüpft und automatisiert: Die additive Fertigung im Lasersinter-Prozess zum Beispiel besteht aus mehreren Einzelprozessen an unterschiedlichen Maschinen. Beim selektiven Laser-Sintern (SLS) wird schichtweise Pulver auf eine Plattform aufgebracht. Dies wird an den gewünschten Stellen mithilfe eines Lasers erhitzt und durch Sintern miteinander verschmolzen. Sobald in einer Schicht alle erforderlichen Stellen gesintert wurden, wird die Plattform leicht abgesenkt, sodass eine neue Pulverschicht aufgebracht werden kann. Dazu ist ein schichtweiser Bauplan des gewünschten Produktes notwendig, anhand dessen der Laser arbeiten kann. Nach dem Sintern muss das erstellte Bauteil abkühlen, bevor es dann ausgepackt und gereinigt wird. Danach folgen weitere Prozessschritte zur Bauteilbehandlung, wie beispielsweise Färben, Beschichten etc. Die beschriebenen Prozesse werden aktuell meist manuell gesteuert. In POLYLINE soll eine digitale und physische Verkettung dieser Prozesse stattfinden. Die Bauteile bzw. zu Beginn des Fertigungsprozesses das Pulver und die Druckjobbehälter sollen automatisch von Maschine zu Maschine bewegt werden und dabei alle Daten der einzelnen Prozesse miteinander verknüpft und am Ende für eine Qualitätskontrolle verwendet werden.

Im zweiten Schritt analysieren die Forscher, wie eine Fertigungslinie der Unternehmen aussehen kann, die additive Fertigungsverfahren integriert hat. Dabei ist ein Hauptunterschied zwischen dem Lasersintern und konventionellen Fertigungsverfahren, dass die Teile nicht nacheinander, sondern gleichzeitig in sogenannten Batches produziert werden. Weiterhin sind die Prozesse für die Automobilindustrie an vielen Stellen nicht ausreichend automatisiert. Für Transportaufgaben sind beispielsweise häufig noch Mitarbeiter nötig. 

Erfassung von Produktionsdaten für hohe Prozesstransparenz

Um eine Automatisierung zu erreichen, ist es notwendig, dass Produktdaten von einem Produktionsschritt zum nächsten weitergegeben werden. Viele dieser Informationen gehen bei den jetzigen Fertigungslinien verloren. Manche werden aufgrund der häufig manuellen Prozesse gar nicht erst erfasst. Wichtige Informationen wie beispielsweise die Abkühlrate oder die Oberflächenreinheit nach der Reinigung werden aktuell nicht dokumentiert. Fehlende Transparenz, Fehleranfälligkeit und ein eingeschränktes Monitoring entlang der Prozesse sind die Folge. Diese Hemmnisse schränken das hohe Potenzial additiver Fertigungsverfahren in bestehende Serienproduktions- und Montagelinien stark ein. Deshalb ist es wichtig, dass die Forscher alle zentralen Messwerte und Qualitätskriterien sämtlicher Prozessschritte erfassen – vom Computermodell bis zum fertigen Bauteil. So werden die nötigen Informationen über die vorangehenden Prozesse weitergegeben und eine Integration der additiven Verfahren erleichtert.

»Das Neue an POLYLINE ist, dass wir mit unserem starken Konsortium die gesamte Prozesskette betrachten und nicht nur einzelne Schritte«, erklärt Rotgeri. Das sei vor allem in Zukunft wichtig, wenn Betriebe immer automatisierter werden. Deshalb hoffen die Partner des Projekts, dass sie ihre Ergebnisse als effiziente Verfahrensalternative für die Serienproduktion etablieren können.

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