Sicher Reisen trotz Corona

Wochenlang mussten Passagierflugzeuge infolge der Corona-Pandemie am Boden bleiben. Seit Aufhebung der weltweiten Reisewarnung nimmt der Betrieb wieder Fahrt auf. Das birgt Risiken. Daher haben Wissenschaftler des Fraunhofer IML ein Konzeptpapier entwickelt, das die Sicherheit der Passagiere am Airport sowie bei der An- und Abreise gewährleisten soll. Verfolgt wird die kurz- bis mittelfristige Umsetzung einer kontaktarmen Mobilität mittels Digitalisierung und Prozessoptimierung.

 

Am Flughafen kommen Reisende an vielen Stellen mit anderen Menschen in Kontakt: beim Check-in, bei der Gepäckaufgabe, bei der Sicherheitsüberprüfung und beim Boarding. An diesen neuralgischen Knotenpunkten steigt die Gefahr, sich mit dem SARS-CoV2-Erreger zu infizieren. Auch gibt es zu wenig Personal, das die Einhaltung der Abstandsregelungen kontinuierlich kontrollieren könnte. Vor diesem Hintergrund haben Wissenschaftler des Fraunhofer IML nicht lange gezögert und bereits im Frühjahr 2020 konkrete Gestaltungshinweise zur Einhaltung von Hygienebestimmungen und des gebotenen »Social Distancing« erarbeitet.

 

Kontrollprinzipien neu gedacht

»Wir gehen davon aus, dass die Kriterien für Mobilität für eine längere Zeit neu definiert werden müssen«, sagt Lars Mehrtens, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Luftverkehrslogistik am Fraunhofer IML. »In unserem Konzeptpapier stellen wir Maßnahmen vor, die geeignet sind, eine weitere Pandemiewelle zu verhindern und auf ähnliche Ereignisse zukünftig besser vorbereitet zu sein.« Mitgewirkt an dem Aktionsplan, der unter Berücksichtigung der Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Robert Koch-Instituts (RKI) entstanden ist, hat auch das Projektzentrum Verkehr, Mobilität und Umwelt des Fraunhofer IML in Prien. 

 

Aufbauend auf spezialisiertem Expertenwissen und unter Anwendung des »Prozesskettenparadigmas« wurden die Abfertigungsabläufe an Flughäfen sowie im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erfasst und auf die Art und Häufigkeit der Interaktion hin analysiert.

Aus den Ergebnissen leiteten die Forscher Lösungsansätze ab, die sicherstellen sollen, dass die Reisenden am Mobilitäts-Hotspot hinreichend Sicherheitsabstand halten. Dazu zählen unter anderem Sitzplatzreservierungen in öffentlichen Verkehrsmitteln, die bei der An-und Abreise genutzt werden, spezielle Beschilderungen, am Boden aufgebrachte Markierungen sowie Zugangsbeschränkungen, um Personenströme in Terminalbereichen zu entzerren. 

Erwarteter Digitalisierungsschub

Darüber hinaus empfehlen die Wissenschaftler, digitalgestützte Techniken einzusetzen. Eine Möglichkeit ist die sogenannte »Active Crowd Control«. Dabei melden Sensoren in Kameras, wenn sich zu viele Menschen an einer Stelle aufhalten. »In der Folge könnten etwa an Sicherheitskontrollen weitere personelle Kapazitäten angefordert werden, um kritisches Gedränge zu unterbinden«, so Mehrtens. »Ebenso denkbar wäre darüber hinaus eine Verlangsamung des Personenaufkommens an vorgelagerten Stellen, etwa im Bereich von Rolltreppen und Laufbändern.« Diese drosseln angesichts der aktuellen Situation gegebenenfalls ihr Tempo. 

Flughafen München
© Fraunhofer IML

Eine weitere Option sind Push-Nachrichten auf dem Smartphone, die Passagiere über ihre persönliche Boarding-Zeit informieren. Die bis dato lediglich als lästig empfundene Schlangenbildung vor dem Einsteigen lässt sich so weitestgehend verhindern. Mittelfristig kann auch eine »Aktive Wegeleitung« helfen. Realisierbar wird dies über Sensorik zur Passagierflusssteuerung. Sie erkennt Menschenansammlungen und navigiert die Reisenden auslastungsabhängig via App und Monitor durch die Abfertigungszonen oder verweist auf weniger überfüllte Routen in Richtung Gate. Digitale Lösungen können zudem einen wichtigen Beitrag leisten, Prozesse zukünftig deutlich effizienter auszurichten. Exemplarisch hierfür stehen schnellere Handgepäckkontrollen mittels CT-Scanner, bei denen Flüssigkeiten nicht mehr aus dem Handgepäck entfernt werden müssen. Die Abwicklung wird beschleunigt und es fällt weniger Interaktion an.

 

Bewertet von Partnern aus der Praxis

Inwieweit die Vorschläge umsetzbar sind, wird von den Luftfahrt- und Mobilitätsunternehmen untersucht, darunter die Flughäfen Frankfurt, München und Rostock-Laage sowie DB Regiobus. In der Erprobung befinden sich u. a. die UV-C-Desinfektion von Sitzen und Handläufen sowie Einrichtungen zur Luftreinigung in den Waschräumen. Für die aktive Passagierführung per App oder Augmented Reality (AR) werden weitere Forschungsvorhaben angestrebt.

In ihrem Konzeptpapier schlussfolgern die Forscher, dass für die Sicherheit der Fluggäste eine überschaubare Menge an Gestaltungsschritten umzusetzen ist. Diese sind jedoch konsequent zu initiieren, z. B. eine systematische Abstandssteuerung und eine kontaktarme Wegeführung auf Basis von automatisierten bzw. digitalisierten Prozessen. Hinzu kommen verstärkte Hygienemaßnahmen und ein verbesserter Schutz der Mitarbeiter. Obligatorisch ist das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen. Das am Fraunhofer IML entwickelte Exposé ist global übertragbar und Schwerpunkte lassen sich auf Mobilitätsknotenpunkte weiterer Verkehrsträger anwenden.

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Lars Mehrtens, M.Sc.

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