Mit »REff« treiben die Dortmunder Wissenschaftler nun die Entwicklung eines sinnvollen Standards voran. »Sinnvoll heißt hierbei, dass die berechneten THGEmissionen auch den jeweiligen Verursacherstellen zuzuordnen sind und Kennzahlen abgeleitet werden können, über die Unternehmen eingeleitete Maßnahmen monitoren und Erfolge verifizieren können.« Dieser Standard wurde mit dem im Januar 2019 veröffentlichten Leitfaden »Guide for Greenhouse Gase Emissions Accounting at Logistics Sites« detailliert beschrieben und im kürzlich aktualisierten GLEC Framework als Referenz empfohlen.
Akribische Vorarbeit zahlt sich aus
Vorausgegangen war eine Analyse von 196 europäischen Logistikstandorten von 42 Unternehmen, von denen sich letztlich 189 Lager- und Umschlagstandorte als relevant für die Erhebung beziehungsweise Berechnung der jeweiligen Emissionsintensitätswerte erwiesen. Zwecks Wahrung der Vertraulichkeit wurde diese Zahl im Zuge der Veröffentlichung auf 53 reduziert. Aus den zur Verfügung gestellten Informationen, etwa hinsichtlich Energie- und Kältemittelverbrauch sowie der zu erbringenden Durchsatzleistung, war ersichtlich, dass die Werte stark variierten. Demnach erzeugten Standorte mit Lagerhaltung, die unter regulären Umgebungstemperaturen betrieben werden, zwischen 0,4 und 45,0 kg CO2e/Tonne. Der Mittelwert lag bei 5,4 kg CO2e/Tonne. »Auch wenn der begrenzte Stichprobenumfang eine weitere Interpretation der Daten überflüssig machte, so haben die Ergebnisse dennoch eine enorme Relevanz für die weitere Forschung«, so Kerstin Dobers weiter. Zukünftig wollen sie und ihr Team sich auch auf die Festlegung eines umfassenderen Satzes von Emissionsintensitätswerten konzentrieren. Darunter fallen zum Beispiel regionale Präferenzen für Technologien und Klimabedingungen sowie Industriezweige, deren Dienstleistungen unterschiedliche Prozesse an den Logistikstandorten erfordern, wie etwa Kurier-Express-Dienste (KEP), die Lebensmittel-, Fashion- oder Automobilbranche. Unter Berücksichtigung dessen wird »REff« kontinuierlich weiter verbessert, so dass das Online-Tool umfassende Unterstützung bei der Datenerfassung bietet und laufend Informationen zu den Treibhausgasemissionen pro Standort liefern wird.
Akkreditierung frisch auf dem Tisch
Zu den ersten Testern der Anwendung gehört der französische Logistikdienstleister FM Logistic, der nun seinen CO2-Fußabdruck in zwölf verschiedenen Ländern Europas kontrolliert. Aufgrund des rege signalisierten Interesses weiterer multinationaler Unternehmen hat das Fraunhofer IML auch eine Akkreditierung für Emissionsberechnungen nach dem GLEC Framework beantragt. Diese wurde im August 2019 erteilt. Dazu Kerstin Dobers: »REff ist eines der ersten Tools zur Ermittlung von Treibhausgasemissionen, das diese Akkreditierung von SFC erhalten hat. Mit Abschluss dieses Prozesses ist zudem bestätigt, dass dessen Funktionalitäten methodisch mit dem GLEC Framework übereinstimmen.« Damit können auch Kunden des Fraunhofer IML dieses für ihre Logistikstandorte implementieren und sich der wachsenden Gruppe der »GLEC Framework Adopter« anschließen.
Auch gegen Unwägbarkeiten gewappnet
Ab Herbst 2019 erwarten die Forscher um Dr. Kerstin Dobers weitere richtungsweisende Entscheidungen. So ist unter anderem die Entwicklung eines ISO-Standards zur THG-Bewertung von Transportdienstleistungen geplant. Geschehen soll dies auf Grundlage des GLEC-Rahmens unter Berücksichtigung der Europäischen Norm EN16258 und des ISO International Workshop Agreement IWA 16. Zudem will das Umweltbundesamt Ende September 2019 ein weiteres Paket zum Klimaschutz verabschieden – ob mit CO2-Steuer und Klimaprämie oder ohne, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt. Mit dem REff-Tool könnten sich Unternehmen jedoch auf »alle denkbaren politischen Entscheidungen zu CO2-Emissionen« vorbereiten, ist Prof. Dr. Uwe Clausen, Institutsleiter am Fraunhofer IML, überzeugt. Unabhängig davon können Verlader und Logistiker ein Signal setzen und auf dem Markt als Unternehmen punkten, das seine Treibhausgasemissionen nachweislich unter Durchschnitt abgesenkt hat.