Silicon Economy

Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden die Welt in eine Plattformökonomie führen. Dabei entstehen neue Geschäftsmodelle, die auf Daten basieren und Schlüsseltechnologien wie IoT oder Blockchain nutzen, um Waren, Informationen und Finanztransaktionen weltweit zu verzahnen. Ein Blick in die Silicon Economy.

Der Logistik steht ein Paradigmenwechsel ins Haus: Zugangskontrollierte Systeme werden ersetzt durch offene, föderale Strukturen, in denen International Data Spaces die Datensouveränität sichern. Das ist die Grundidee der Silicon Economy, in der verteilte künstliche Intelligenzen als wesentlicher Treiber agieren. Sie verhandeln, disponieren, optimieren Bestände, simulieren Warenströme oder analysieren Güter per Kamera. Milliarden autonomer Devices werden schon bald Informationen miteinander teilen, während Smart Contracts auf Grundlage der Blockchain-Technologie nach festgelegten Regeln per Software verhandelt und abgeschlossen werden – und auf Basis von erfüllten Wenn-dann- Bedingungen automatisiert Bezahlvorgänge auslösen.

Wenn alles intelligent wird und alles mit allem kommuniziert, entstehen Unmengen an Daten – ein wahres Paradies für neue, datenbasierte Geschäftsmodelle. Dabei entstehen digitale Plattformen für den B2B-Bereich, wie sie im Privatkundenbereich mit Amazon, Uber oder Alibaba längst zu unserem Alltag gehören. Unternehmen können in der Silicon Economy zu Brokern werden: IoT Broker, die intelligente Container oder Paletten miteinander verbinden und die daraus gewonnenen Daten anbieten; Blockchain Broker, über die sich Smart Contracts schließen lassen und die Bezahlung per Kryptowährung anbieten; oder Logistics Broker, die logistische Dienste anbieten und logistische Prozesse organisieren.

Die gigantische Rechnerleistung und Speicherkapazität, über die wir mittlerweile verfügen, sowie die echtzeitfähige Vernetzung über 5G ermöglichen es uns, der Silicon Economy jetzt zum Durchbruch zu verhelfen. Es geht darum, vorhandene Technologien in durchgehende Lösungen zu überführen. Dass wir die nötigen Technologien längst in unseren Händen halten, zeigen wir Ihnen auf den nachfolgenden Seiten – mit Entwicklungen des Fraunhofer IML, die das Puzzle der Silicon Economy Stück für Stück zusammensetzen.

IoT Service Button

Datenschutz und Datenverarbeitung

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Ob im Labor, auf der Baustelle oder in der Kfz-Werkstatt: Mit dem »IoT Service Button«, den das Fraunhofer IML gemeinsam mit der Deutschen Telekom entwickelt hat, lassen sich Bestellvorgänge mit einem einfachen Knopfdruck automatisch auslösen. Der Button sendet die Information über »NarrowBand IoT«. Diese neue 5G-kompatible Funktechnologie bietet zahlreiche Vorteile, durch die jeder beliebige Gegenstand in Windeseile zu einem Teil des Internet der Dinge wird: So ermöglicht der geringe Stromverbrauch extrem lange Batterielaufzeiten für viele tausend Klicks. Zudem sorgt die tiefe Gebäudedurchdringung des Netzes für eine zuverlässige Datenübertragung – sogar aus abgelegenen Fabrikhallen oder Kellern.

Low-Cost-Tracker

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Der Low-Cost-Tracker macht das Internet der Dinge massentauglich für die Logistik: In Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom entstanden, hat das Fraunhofer IML ihn bereits Ende 2018 in einem ersten Test gemeinsam mit EPAL in den Markt gebracht – und damit gewöhnliche Paletten ingelligent gemacht. Die Low-Cost-Tracker können neben einer Positionsbestimmung auch Bewegungen, Schockeinwirkungen und Temperaturverläufe abrufen. Ein wasserfester Sensor registriert Stöße, Lage, Kippwinkel, Beschleunigungen und Temperatur der Palette. Bei Abweichungen wie etwa Erschütterungen oder Temperaturschwankungen meldet sich die Palette selbstständig und gibt ihre aktuellen Daten an ein eigenes Plattform. Durch ihre robuste und kompakte Bauweise lassen sich die Tracker praktisch in jeden Ladungsträger einbauen. Die eingebaute Batterie hält jahrelang; die Datenübertragung erfolgt wie beim »IoT Service Button« über das Netz NarrowBand IoT.

Level Meter

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Gemeinsam mit Rhenus hat das Fraunhofer IML einen 5G-kompatiblen Sensor für das Internet der Dinge entwickelt (siehe auch S. 22). Dank »Level Meter« lassen sich Füllstände und Bewegungen von Behältern übermitteln – zuverlässig, günstig und wartungsfrei. Die Datenübertragung ist dabei komplett unabhängig von vorhandenen Netzinfrastrukturen. Für den drahtlosen, batteriebetriebenen Sensor sind die verschiedensten Anwendungsfälle im Behältermanagement denkbar: Getestet haben die Entwickler den Sensor zunächst an Tonnen für die Aktenvernichtung; aber auch ein Einsatz an Glas- und Altpapiercontainern für die kommunale Entsorgung ist zukünftig denkbar. Die Serienreife und der Verkaufsstart sind für Anfang 2020 geplant. Dann will Rhenus die ersten 100 000 smarten Datentonnen in den Markt bringen.

LogCoin

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Die auf der Blockchain-Technologie basierende Kryptowährung »LogCoin« soll das Abschließen von Smart Contracts in der Logistik ermöglichen (siehe auch S. 32). Die beteiligten Forscher bauen dafür zurzeit ein sogenanntes Token-Netzwerk auf. Darin ist LogCoin die bilanzierungsfähige Währung, mit der sich auch Micro-Payments abwickeln lassen. Via Blockchain ermöglicht das Netzwerk eine lückenlose Überwachung von Transaktionen in Echtzeit. Dank der Smart-Contract-Technologie ist auch die Rechnungsstellung und -abwicklung einfach. Spediteure, Banken und Provider können darüber hinaus Folgeprozesse automatisiert anstoßen. Die Technik funktioniert unternehmensübergreifend und für das gesamte Supply-Chain-Netzwerk.

Cyberphysische Produktionssysteme (CPPS)

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Wenn künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge und die Blockchain-Technologie zusammenarbeiten, können Produktionsprozesse flexibler und effizienter ablaufen: In dem sogenannten »cyberphysischen Produktionssystem« (CPPS) verhandeln beispielsweise Gruppen innerhalb des Systems untereinander, welche Ressourcen für einen neuen Auftrag benötigt werden. Außerdem kommunizieren sie, welche Einheiten – zum Beispiel Roboter, Ladungsträger oder Mitarbeiter – verfügbar sind und welche sich am besten für den Auftrag eignen. Diese Kommunikation ist für Menschen kaum bemerkbar und läuft sehr schnell ab. Falls Materialbestände aufzufüllen sind, informiert eine künstliche Intelligenz das System. Durch diese dezentrale Organisation kann das CPPS auch auf individuelle Aufträge oder kurzfristige Planänderungen flexibel reagieren – die starren Strukturen in der Produktion werden aufgelöst, es entsteht ein selbstoptimierendes System.

Loadrunner

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Mit dem »Loadrunner« hat das Fraunhofer IML ein autonomes Transportfahrzeug entwickelt, das für den Einsatz in der Silicon Economy prädestiniert ist. Die Fahrzeuge verfügen über eine spezielle Form der Lastaufnahme und -abgabe, können sich hochdynamisch und autonom im Schwarm organisieren und sich bei Bedarf sogar für Transportaufträge zusammenkoppeln. Dank hochverteilter künstlicher Intelligenz sind sie in Zukunft in der Lage, selbstständig Aufträge anzunehmen und zu verhandeln. In der Silicon Economy werden sich Fahrzeugschwärme selbst organisieren und mit Menschen, anderen Schwärmen und Plattformen verbinden. Dafür bedarf es einer offenen digitalen Infrastruktur, in der die Fahrzeuge über 5G sicher kommunizieren und mittels Blockchain eigenständig Pay-per-Use-Verträge abschließen können. Die Voraussetzungen dafür bringt der Loadrunner mit. Damit verkörpert er die große Idee der Silicon Economy in einem kleinen Fahrzeug: Warenströme, Informationen und Finanztransaktionen zu verzahnen – in einem offenen, föderalen Ökosystem.

Redaktion

Bettina von Janczewski

Contact Press / Media

Dipl.-Kffr. Bettina von Janczewski

Teamleiterin Presse und Medien / Pressesprecherin

Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML
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