Volle Kraft voraus in Richtung Zukunft

Vor fast genau acht Jahren, auf dem »Zukunftskongress Logistik – 35. Dortmunder Gespräche« gaben die Rhenus Gruppe und das Fraunhofer IML ihre Zusammenarbeit im Rahmen eines Enterprise Labs bekannt. Seitdem konnten die beiden Partner im Rhenus Enterprise Lab einige gemeinsame Erfolge feiern – und auch in den kommenden Jahren wollen sie die Zukunft der Logistik gemeinsam gestalten.

Mit einem Bild von zwei Puzzleteilen, die aufeinander zu geschoben werden, verkündete das Fraunhofer IML 2017 die Zusammenarbeit mit Rhenus in einem eigenen Enterprise Lab – und startete damit eine echte Erfolgsgeschichte. Rhenus hat in den vergangenen 112 Jahren Unternehmensgeschichte umfassendes Know-how in zahlreichen Bereichen entwickelt. Als globaler Logistikdienstleister verstehen die Expertinnen und Experten, wie sie logistische Abläufe entlang der Supply Chain ihrer Kundinnen und Kunden weiterentwickeln und optimieren können. Von innovativen Lösungen entlang der gesamten Supply Chain über das Warehousing bis zum klassischen Transport bietet Rhenus seinen Kunden, was das Logistikherz begehrt. Das Fraunhofer IML steht für viele verschiedene Bereiche der Logistikforschung, wo 2013 das Konzept der Enterprise Labs etabliert wurde, um Unternehmen den Zugang zu den modernsten Technologien und den aktuellen Erkenntnissen in der Logistikforschung zu ermöglichen. Im Enterprise Lab Center in Dortmund können die Partner bei der agilen und interdisziplinären Forschung ganz vorne mit dabei sein. In mehreren, modern ausgestatteten Laboren des Prototypenzentrums können Bauteile und Prototypen bedarfsgerecht gefertigt und getestet werden. Die integrierten Coworking Spaces unterstützen außerdem die Kooperation der Projektpartner innerhalb der Enterprise Labs. Die Gründung eines eigenen Enterprise Labs ermöglichte Rhenus neue Zugänge zu dieser Infrastruktur. So kann Rhenus umfassend in die Forschung eintauchen und optimale maßgeschneiderte Lösungen finden. Halb voll oder halb leer? Die berühmte Frage beschäftigte viele Jahre die Mitarbeitenden von Rhenus, ebenso wie ihre Kunden. Die Rede ist von einem Sicherheitsbehälter für Akten und Datenträger, der aus Sicherheitsgründen abgeschlossen wird. Doch wenn ein Dienstleister nicht in einen Behälter sehen kann, kann er auch nicht sagen, ob er halb voll oder halb leer ist. So wurden in Deutschland viele Jahre halb leere Sicherheitsbehälter turnusmäßig geleert, während andernorts volle Behälter manuell zur frühzeitigen Leerung angemeldet wurden.

Das war das erste Projekt, das die Forschenden im Rhenus Enterprise Lab zusammen angingen. Und es war ein voller Erfolg: Heute steht bereits eine hohe Anzahl an smarten Sicherheitsbehältern von Rhenus bei seinen Kunden und es werden stetig mehr. Wie der smarte Behälter aussieht? Eigentlich ist es eine normale Datentonne, wie sie schon tausendfach in den Bürogebäuden Deutschlands steht. Der kleine, aber feine Unterschied ist der »Rhenus ITCPRO Füllstandsensor«. Obwohl der Sensor nicht größer als eine Zigarettenschachtel ist, ermittelt er vollautomatisch die Standhöhe des Inhalts. Durch den Transfer dieser Daten an das ERP-System des Abfallentsorgers erfolgt die Abholung automatisch und pünktlich, sodass sich die Kunden nicht mehr um überfüllte Sicherheitsbehälter für Akten und Datenträger sorgen müssen. Obendrein werden Leerfahrten vermieden und die Behälter genau zur richtigen Zeit geleert – was eine enorme Verbesserung des CO2 - Fußabdrucks der Rhenus-Kunden mit sich bringt, wie auch Dr. Stephan Peters, Vorstandsmitglied der Rhenus Gruppe, anlässlich der Open-Source-Veröffentlichung der ITCPROKomponenten im Januar 2024 betonte: »Dank des ITCPRO Füllstandsensors werden Leerfahrten reduziert sowie Abholungsfahrten effizienter geplant und in Summe deutlich verringert – ein wertvoller Beitrag im Sinne eines reduzierten CO2 -Footprints, den wir als Innovationsentwickler gerne anderen Unternehmen zur Verfügung stellen.« Diese Lösung war damals ein wichtiger Schritt, um das Internet der Dinge (IoT) bei Rhenus zu etablieren – und in diesem Bereich zum Vorreiter zu werden. Ein weiterer enormer Vorteil des Sensors ist seine langlebige Nutzungsdauer. Auch die Unabhängigkeit von der örtlichen Infrastruktur konnte durch den Mobilfunkstandard »NarrowBand IoT« erreicht werden. Die Nutzung des Sensors ist dadurch besonders energiesparend und effizient. Die Idee, diesen Mobilfunkstandard zu verwenden, ist in Zusammenarbeit mit einem weiteren Lab-Partner entstanden: der Deutschen Telekom. Was die Partner in Zukunft vorhaben, darüber hat »Logistik entdecken« mit André Remy und Michael Novoselsky von Rhenus gesprochen.

Sechs Fragen an André Remy und Michael Novoselsky

Auf den gemeinsam entwickelten Innovationen im Rahmen des Enterprise Labs wollen Rhenus und das Fraunhofer IML auch in Zukunft aufbauen – und in der angewandten Logistikforschung weiterhin neue Maßstäbe setzen. Im Interview mit »Logistik entdecken« sprechen André Remy, Head of Global Group Customer Solutions and Innovation, und Michael Novoselsky, Senior Innovation Manager bei Rhenus, über die zukünftige Ausrichtung des Labs und geben einen Einblick in die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. 

Michael Novoselsky und André Remy von Rhenus Logistics
© Rhenus

Herr Remy, was war DER Meilenstein in der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IML, der Ih nen bis heute in Erinnerung geblieben ist?

Das bisher erfolgreichste Vorhaben, das wir mit dem Enterprise Lab umgesetzt haben, ist sicher unser smarter Sicherheitsbehälter und das ihn umgebende Ökosystem. Dieses Projekt hat gezeigt, dass wir gemeinsam in der Lage sind, greifbare, vermarktbare Produkte zu entwickeln. Das bedeutet nicht nur die Entwicklung eines Prototyps, sondern auch das Entwickeln und Durchdenken aller dazugehörigen Prozesse, um einen für Kunden wahrnehmbaren Mehrwert zu liefern. 

Welchen Einfluss hatte die Enterprise Lab-Forschung bisher auf Rhenus und Ihre  Unternehmensstrategie?

Innovation treibt unser Handeln an und sorgt letztendlich dafür, dass wir unseren Kunden seit Jahrzehnten maßgeschneiderte Lösungen für ihre anspruchsvollen Herausforderungen bieten können. Im vergangenen Jahr haben wir dem Thema eine noch zentralere Rolle eingeräumt und das Team Customer Solution and Innovation ins Leben gerufen. Dieses beschäftigt sich mit der strategischen Ausrichtung unserer Innovationsaktivitäten und sorgt dafür, dass diese mit der Unternehmensstrategie und den Trends in den Bereichen Technologie, Gesellschaft und Umwelt einher gehen. 

Sie wollen in Zukunft allen Business Units den  Zugang zum Lab ermöglichen, wie können wir  uns das vorstellen?

Durch das Enterprise Lab haben wir Zugang zu neuesten Technologien und den aktuellen Erkenntnissen aus der Forschung. Dies ist für alle unsere Produkte unabdingbar, und daher ist es nur konsequent, wenn wir allen Einheiten die Option geben, ihre Produkte mit dem Enterprise Lab weiterzuentwickeln. Als gruppenweites Team sind wir am Erfolg aller Units interessiert und wollen, dass alle vom Know-how im Enterprise Lab profitieren. Deshalb haben wir Auswahlkriterien für die richtige Priorisierung der Projekte definiert und koordinieren diese intern. Durch diesen Auswahlprozess stellen wir sicher, dass die Projekte im Lab den größtmöglichen Mehrwert für unsere Einheiten bringen. Um den Mehrwert weiter zu steigern, werden Erkenntnisse aus unseren Projekten intern länderübergreifend geteilt, und damit profitieren wieder alle.

Herr Novoselsky, Sie sind in die aktuellen  Projekte involviert, was sind die aktuellen  Schwerpunkte Ihrer Entwicklung?

Das Enterprise Lab unterstützt uns aktuell unter anderem bei der Optimierung unserer autonomen Transportsysteme– ein komplexes Thema, das nicht nur Expertise in Robotik, sondern auch sehr viel logistisches Prozess-Know-how erfordert. Gerade bei Themen, die Expertise in verschiedenen Bereichen erfordern, kann das Fraunhofer IML seine Stärken ausspielen. Wir arbeiten auch gemeinsam daran, die Innovationsthemen zu identifizieren, die uns in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Für uns ist es ein wichtiger Teil der Innovation, den Change mitzugestalten und unsere Kolleginnen und Kollegen auf diese Reise mitzunehmen. Deshalb arbeiten wir an einem Informationstool, das diese Themen näherbringen und auch zeigen soll, wer sich im Unternehmen damit beschäftigt und welche Mehrwerte eine bestimmte Technologie für den einzelnen bereithält. 

In welche Richtung wollen Sie sich in den nächsten Jahren mit dem Enterprise Lab  bewegen?

Das Motto »Stärken stärken« trifft’s ganz gut. Bei der Rhenus gilt die Überzeugung, dass die Einheiten ihr Geschäft am besten kennen, und dem wollen auch wir Rechnung tragen. Deshalb involvieren wir die Einheiten stärker in die Auswahl der Themen und deshalb glauben wir, dass wir in den nächsten Jahren sowohl intern als auch bei unseren Kunden die Wahrnehmung der Innovationskraft dieser Zusammenarbeit noch weiter stärken können. Ganz konkret nutzen wir Anwendungen aus den Themenfeldern Künstliche Intelligenz und alternative Antriebe, denn hier sehen wir heute schon Disruptionen der klassischen Geschäftsmodelle. Auch daraus abgeleitete Aspekte wie Remote Operation, Fahrerlose Transportsysteme und KIunterstützte Datenverarbeitung sind für uns hoch relevant.

Herr Remy, zum Abschluss, was ist das  übergeordnete Ziel für Ihre Zusammenarbeit  mit dem Enterprise Lab?

Wir wollen für unsere Kunden ein zuverlässiger und kom petenter Partner sein, wenn es darum geht, komplexe  logistische Herausforderungen zu lösen. Hierbei ist die  Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IML die perfekte Ergänzung, mit der wir früh technologische Innovationen  bewerten und praxisnah umsetzen können. 

Blick auf die Firma Rhenus Logistics
© Rhenus
Natalia Ogorelysheva

Contact Press / Media

M. Sc. Natalia Ogorelysheva

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 2-4
44227 Dortmund