Mobilität und Umwelt

immer Mobil

Individuelle ortsbezogene Verkehrsdienstleistungen für ältere Menschen im ländlichen Raum

© Fraunhofer IML Prien

Alle Verkehrsmittelangebote auf einen Blick haben und dann auf Knopfdruck ans Ziel kommen? Das geht mit der intermodalen Mobilitätsplattform »immer Mobil«!

Ausgangssituation

Unsere immer älter werdende Gesellschaft erfordert künftig ein erweitertes Mobilitätsangebot, das vor allem der Generation »50 plus« ein selbständiges Leben und spontane Mobilität auch außerhalb des eigenen Haushaltes ermöglicht. Jung gebliebene, aktive Senioren wollen immer länger mobil bleiben. Deren wachsende Zahl und die Tendenz, dass diese seltener innerhalb der Familie leben bzw. versorgt werden und nicht immer das Auto nutzen wollen oder können, erfordert künftig ein angepasstes Mobilitätsangebot.

Das »immer Mobil« Gesamtsystem
© Fraunhofer IML Prien

Grundidee und Vorgehen

Mit dem Projekt »immer Mobil« wurde im ländlichen Raum ermöglicht, einfach und komfortabel aktuelle Mobilitätsangebote zu nutzen. Das heißt, eine Verbesserung des Abgleichs und der Vernetzung zwischen Angebot und Nachfrage von Verkehrsdienstleistungen mithilfe von speziellen Telematik- und IuK-Technologien ist nötig. Dabei werden neben den klassischen ÖPNV-Angeboten wie Bus und Bahn auch spezielle unregelmäßige Angebote sozialer und privater Transportdienstleister einbezogen. Das sind insbesondere soziale Fahrdienste, Bürgerbus oder Sammeltaxis.

Das Informieren, Anfordern und Buchen erfolgt über ein integriertes onlinefähiges Informationssystem, das aktuell und ortsabhängig Anfragen und Angebote vergleicht und passende Fahrgelegenheiten anbietet. Der Dienst ist sowohl über Internet, mobile Geräte und das Telefon nutzbar. Die Entwicklung intuitiv bedienbarer Oberflächen, übersichtlicher Internetplattformen und eine Telefonzentrale machen diesen Service für Jedermann zugänglich und je nach Situation und Bedürfnissen nutzbar.

Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten
© Fraunhofer IML Prien, tbel - fotolia.com, esa giove b1

Die Vermittlung des Fahrangebotes erfolgt individuell. Es werden dabei der aktuelle Aufenthaltsort und persönliche Einstellungen der Kunden berücksichtigt. Diese sind zum Beispiel Angaben zum Gesundheitszustand, die Länge des Fußwegs, der zurückgelegt werden kann, das eigene Kostenlimit oder die maximal erwünschte Wartezeit. Auch die Mitnahmemöglichkeit eines Rollators bzw. Rollstuhls wird bei Bedarf geprüft. Die Nutzer können sowohl bei der Information, als auch bei der Anforderung der Fahrten zwischen verschiedenen Varianten der Bedienung wählen, denn auch bei den Bedienungsmöglichkeiten möchte man mit einer Bandbreite an Zugriffmöglichkeiten den Bedürfnissen und Anforderungen der Kunden gerecht werden.

Im Projekt wurden mehrere Varianten von Nutzerdiensten und Endgeräten, inklusive einer Call-Center-Lösung, konzipiert und getestet. Nach der Demonstrationsphase wurden die Daten ausgewertet und das Potenzial zur Nutzung und Verbesserung der Mobilitätsbedürfnisse dargestellt. Für die Nutzer erschließt sich so die Möglichkeit, integrierte Mobilitätsinformationen zu erhalten und dadurch spontan und ortsbezogen geeignete Transportdienstleistungen anzufordern.

 

Arbeitspakete des Projektes »immer Mobil«

  1. Untersuchung der Mobilitätsbedürfnisse der Nutzer
  2. Untersuchung der Anforderungen von Fahrleistungsanbietern
  3. Entwicklung des Betriebsmodells
  4. Konzeption und Planung des gesamtsystems
  5. Implementierung der Systemkomponenten
  6. Integration und Systemtest
  7. Feldversuch
  8. Evaluation

 

Technisches Konzept

Das technische Konzept, welches hinter dem »immer Mobil-Prototypen« steht, baut sich auf einer Zusammenführung von Nachfragern nach Mobilitätsdienstleistungen und Anbietern solcher Fahrangebote auf.

Dadurch wird ein dynamisches, nachfrageorientiertes Verkehrsangebot für die ländliche Region geschaffen, welches im Grundkonzept vier Teilsysteme vorsieht, die in die Plattform eingebunden werden:

  • Endnutzerdienste
  • Anbieterdienste
  • Plattform mit Basisdiensten
  • externe Daten und Dienstekomponenten

Technologisch ist das System als service-orientierte Architektur auf der Basis von Web-Service-Technologien ausgelegt und mit Komponenten ereignisorientierter Architekturen kombiniert. Für die Anbieterseite werden Dienste bereitgestellt, die das Registrieren von Transportangeboten, die Annahme oder Ablehnung von Fahranfragen bis hin zu Navigationsdiensten ermöglichen. Je nach Verkehrsdienstleister werden unterschiedliche Dienste und Schnittstellen bereitgestellt. Aktive und passive Informationsversorgungen werden per push und pull unterstützt.

Die Anbieterseite umfasst Angebote des klassischen ÖPNV, Fahrangebote privater Transportdienstleister und soziale Fahrdienste und Mitnahmeangebote im Rahmen der Mitfahrzentrale. Taxiunternehmen können ihr Angebot unter Angabe der Betriebszeit und einer Preisschätzung je Kilometer einspeisen.

Auch regionale Initiativen wie Bürgerbusse, Sammeltaxis oder Bürgertaxi werden im »immer Mobil-System« berücksichtigt.

Technische Dienste für Anbieter:

  • Online-Portal: unkompliziertes Einstellen und Verwalten von Fahrangeboten
  • Mobile Applikation: spontane Beantwortung von Mitnahmeanfragen, SatNav-Ortung und Umgebungskarten für erleichterte Navigation

Die Plattform stellt die serverseitigen Dienste, basierend auf Web-Service-Schnittstellen zur Verfügung. Diese umfassen:

  • Datenhaltung
  • Datenmanagement für Nutzer und Anbieterprofile
  • Dienste für Management und Abgleich zwischen Anfrage und Angebot

Alle externen Daten (z.B. Routing, Karten) werden über größtenteils standardisierte Schnittstellen mit eingebunden. Externe Daten und Dienste, wie notwendige Karten- und Routenplanungsdienste, werden in geeigneter Form in Nutzer- und Anbieterdienste integriert. Für »immer Mobil« wurden dazu dynamische Fahrplaninformationen (DB Oberbayernbahn – RVO) sowie die Dienste der INTREST Plattform (VIB und Oberste Baubehörde) eingebunden.

Mobilitätspreis für »immer Mobil+«
© Simone Hörmann

Mobilitätspreis – Galileo Masters 2012

Im Rahmen der European Satellite Navigation Competition werden jedes Jahr zahlreiche Länder- und Themenbezogene Preise mit einem Gesamtwert von einer Million Euro vergeben. Für den HPI Special Topic Prize wurde im Jahr 2012 nach Ideen für nahtlose und nachhaltige Mobilitätskonzepte in Kombination mit neuen Technologien gesucht. Ziel war es eine innovative Lösung zur Vereinfachung und Verbesserung der Mobilität von Personen in Verbindung mit Satellitennavigation vorzustellen. Bei der Bewertung legte die Jury aus Vertretern der HPI Fleet & Mobility GmbH, des Anwenderzentrum Oberpfaffenhofen sowie Hochschulvertretern besonderen Wert auf Nachhaltigkeit und Marktpotential. 76 Ideenskizzen wurden zum Thema »Seamless and Sustainable Mobility« eingereicht, von denen sich »immer MOBIL+« in der Endrunde gegen vier Konkurrenten durchsetzte. Die Preisträger sind Wolfgang Inninger und Nicole Wagner des Fraunhofer IML Prien, Stefan Pfennigschmidt des Fraunhofer FOKUS und Gerd Waizmann von der Firma proTime GmbH.

 

ESNC »Special Topic Prize 2012« Pressemeldung als PDF Downloaden

 

Bündelung der Kompetenzen

Im Projekt »immer Mobil« sind die Kompetenzen zahlreicher Unternehmen aus Forschung und Industrie vereint, um gemeinsam ein bestmögliches Ergebnis zu erreichen. Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML arbeitet hier eng mit der VCE Verkehrslogistik Consulting & Engineering GmbH zusammen. Projektpartner sind auch die proTime GmbH, die Deutsche Bahn Oberbayernbus GmbH und die Oberste Baubehörde Bayern. Weiterhin sind am Projekt die AOK Bayern, der Malteser Hilfsdienst, der Landkreis Rosenheim mit der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft und der Landkreis Traunstein beteiligt. Lange & Fendel Software, INN-Dienstleistungszentrum, Taxiunternehmen, die Mitfahrzentale MiFaZ und weitere assoziierte Partner gehören ebenfalls zum Projekt »immer Mobil«.

Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.

 

Ergebnis & Übertragbarkeit

Erfolgreich getestet wurde der Prototyp bereits im Rahmen eines Feldtestes in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein. Folgende Ziele wurden realisiert:

  • Einfacher Zugang für eine individuelle und spontane Mobilität
  • Nahtlose Mobilitätsketten durch Prozessoptimierung
  • Echtzeitauskünfte und Einsatz der SatNav-Technologie
  • Berücksichtigung der Gesundheit und der Mobilitätspräferenzen der Nutzer
  • Umfassende Mobilitätsberatung via Call-Center, Internet und mobile Applikationen

Unter Beisein von Vertretern des BMWi, des Projektträgers TÜV-Rheinland sowie Partnern fand eine Livedemonstration aller Entwicklungen in Köln und Rosenheim statt. Andreas Liessem, Regierungsdirektor für Verkehrstechnologien des BMWi, bescheinigte dem Projekt ein hervorragendes Projektergebnis.

Mit der intermodalen Mobilitätsplattform wird ein bisher deutschlandweit einzigartiges Verkehrsmittelauskunftssystem geboten. Zukunftspotenziale von »immer Mobil« sind in der geografischen Ausweitung und dem Einbezug weiterer Verkehrsverbünde zu sehen, welche ihre Angebote in das »immer Mobil-System« integrieren. Künftig ist der Einbezug flexibler Bedienformen, wie Rufbus und Carsharing, sowie ein Ausbau in Richtung Abrechnungs- und Bezahlsystem wichtig.

 

Veröffentlichung

Wagner, N. & Pfennigschmidt, S. (2013). Immer Mobil-Die Mobilitätsplattform für vernetzte Verkehrsdienstleistungen. In: Lebensqualität im Wandel von Demografie und Technik. 6. Deutscher AAL-Kongress, Berlin. [Tagungsbeitrag] ISBN 978-3-8007-3484-9, S. 495-498.

ISBN 978-3-8007-3484-9

Meilensteine

I. Kick-off-Meeting am 07. Oktober 2009

© Fraunhofer IML Prien
Kick-Off Veranstaltung »immer Mobil«

II. Meilensteintreffen »immer Mobil – Konzeption und Demonstration« am 27. September 2010

Teilnehmerkreis des Meilensteintreffens »immer Mobil«
© Fraunhofer IML Prien
Teilnehmerkreis des Meilensteintreffens »immer Mobil«

IV. Projektabschlussveranstaltung am 25. April 2012 im Landratsamt Rosenheim

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Abschlussveranstaltung »immer Mobil«
© Fraunhofer IML Prien
Abschlussveranstaltung vor Vertretern des BMWi (Hr. Andreas Liessem), des Projektträgers TüV Rheinland (Fr. Nicole Ankelin), den Landräten (Landrat Neiderhell, Landrat Steinmaßl)

V. Ankündigung »Vom Feldtest zum Feldbetrieb«

© Echo Regionalzeitung
Pressemitteilung des Landratsamtes Rosenheim zu »immer Mobil«