KI4autoBUS
Optimierung barrierefreier Mobilität durch autonome Shuttles - Entwicklung einer KI-basierten Lösung zur Planung und Steuerung des ÖPNV-Angebots
Ausgangssituation
Die Effizienz des Gesamtsystems des öffentlichen Personennahverkehrs kann unter Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) signifikant gesteigert werden. Dies gilt sowohl anbieterseitig als auch nutzerseitig. Deshalb sollte am prototypischen Beispiel von Bad Birnbach gezeigt werden, wie KI die im ÖPNV-System von Bad Birnbach bereits vorhandenen autonomen Shuttles befähigt, eigenständig und situativ die effizienteste Route zu kalkulieren und durchzuführen.
Unter der Federführung des Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) erstellte die DB Regio Bus Bayern und Q_PERIOR AG verschiedene Analysen, verkehrliche Bewertungen und bezog die schon bestehende Infrastruktur sowie autonomen Shuttles in Bad Birnbach zur Entwicklung und Testung der KI ein. Das Projekt wurde von Oktober 2021 bis Dezember 2023 durchgeführt. Mit dem Vorhaben konnte ein effizienter und smarter Beitrag für das Programm »Bayern barrierefrei« geleistet werden, welches die barrierefreie Gestaltung des ÖPNV bis 2023 zum Ziel hatte.
Ziele des Projekts - drei Themenschwerpunkte
Um auf die Herausforderungen entsprechend passende Lösungen erarbeiten zu können, wurde ein mehrstufiges Vorgehen gewählt.
Das Vorhaben hatte zum Ziel, die Effizienz des Gesamtsystems des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unter Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) am prototypischen Beispiel von Bad Birnbach signifikant zu steigern. Der eigenständige Entscheidungsprozess der KI ermöglichte eine optimale Verkehrsmittel-Disposition, zugeschnitten auf die mitunter besonderen Anforderungen jedes einzelnen Nutzers. Zudem verfügte die KI über die Fähigkeit, die individuellen Mobilitätsbedarfe vorherzusehen und den einzelnen Nutzern situativ die besten Mobilitätsangebote aktiv zu kommunizieren. In diesem Vorhaben wurde zusätzlich die Nutzbarkeit von autonomen Kleinbussen für Personen, die eine barrierefreie Mobilität benötigen, geprüft und durch Modifizierungen optimiert. Mithilfe einer durch KI optimierten Kommunikation der Fahrgäste mit dem fahrerlosen System, aber insbesondere durch ein zusätzliches IuK-Interface im Fahrzeug und durch eine Anpassung der Mobilitäts-App wurde eine einfachere Nutzung erreicht. Um die Projekt- und Entwicklungsressourcen optimal zu nutzen, wurden bestehende autonome Kleinbusse, die seit längerer Zeit in Bad Birnbach im Betrieb sind, für die Erweiterungen und Tests in diesem Vorhaben genutzt. Auch die Mobilitäts-App »Wohin Du Willst« (WDW) konnte in dem Vorhaben für Tests eingesetzt und erweitert werden. Die komplette Tragweite der Effizienzsteigerung durch die Einbindung von selbstständig lernender und entscheidender KI zeigte sich in mehreren Umsetzungsschritten, die im Folgenden grob skizziert werden.
(1) Alle im ÖPNV-System vorhandenen Verkehrsmittel (inkl. bedarfsorientierter Busse und autonomer Shuttles) wurden mit technischen und strukturellen Details (bspw. Akkustand, Sitzplatzanzahl, aktueller Standort) in einem System erfasst. Durch die permanente Analyse der ÖPNV-Nachfrage in Bad Birnbach entstand eine Datengrundlage, die als Basis für den Lernprozess der KI diente. Darüber hinaus wurden externe Daten herangezogen, bspw. Echtzeitdaten zu Störungen im ÖPNV und SPNV, Kalenderdaten, Prognosedaten zum Wettergeschehen und zu anstehenden Veranstaltungen. Die beschriebenen Daten lieferten die Grundvoraussetzung, um unter Berücksichtigung der aktuellen Nachfragesituation eine optimale Entscheidung hinsichtlich Gefäßwahl, Fahrzeit und Route zu treffen. Die zusätzliche Nutzung von ÖPNV-Daten einer vergleichbaren Kommune vergrößert die Datenbasis und konnte somit den Trainingsprozess der KI verbessern.
(2) Die KI befähigte die im ÖPNV-System von Bad Birnbach bereits vorhandenen autonomen Shuttles eigenständig und situativ die effizienteste Route zu kalkulieren und durchzuführen. Die Shuttles wurden zudem für die Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen modifiziert, d. h. sie wurden mit zusätzlichen Komponenten ausgestattet, um die Fahrten auch barrierefrei anbieten zu können. Die Komponenten wurden reversibel verbaut. Die modifizierten autonomen Kleinbusse wurden in erster Linie für die Bedarfe Mobilitätseingeschränkter eingesetzt. Sofern keine Nachfrage bestand, wurden die Shuttles auch für den Normalbetrieb eingesetzt, um eine möglichst hohe Auslastung zu erreichen. Die Barrierefreiheit wurde nicht nur hardwareseitig in den Fahrzeugen ersichtlich, sondern auch softwareseitig in einer Smartphone-Anwendung. Die bereits vorhandene WDW-App der DB Regio Bus wurde für Mobilitätseingeschränkte durch entsprechende Einstellungen optional modifizierbar. Der KI-Einsatz ermöglichte eine Vorhersage der Nutzungsbedarfe und eine Differenzierung zwischen vulnerablen und nicht-vulnerablen Nutzern. Dadurch wurde situativ die richtige Gefäßwahl getroffen und im Falle eines vulnerablen Nutzers das modifizierte Shuttle zugeordnet.
(3) Die KI ermöglichte es, in Abhängigkeit der aktuellen Nachfrage geeignete Mobilitätsoptionen für die einzelnen Nutzer anzubieten. Das führte zu einer praktikableren Nutzung des ÖPNV und erleichtert den Zugang für die vulnerable Nutzergruppe. Die Verknüpfung zwischen dem schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) und des KI-gesteuerten ÖPNV-Systems in Bad Birnbach erfolgte sowohl software- als auch hardwareseitig. Infolgedessen war das effiziente ÖPNV-System überregional verzahnt.
Zusammenfassend wurde mit dem Vorhaben eine effizientere Gestaltung des gesamten ÖPNV-Systems mit sämtlichen Verkehrsmitteln und Anschlüssen zum SPNV am Beispiel von Bad Birnbach ermöglicht. Dies bildete sich anbieterseitig als auch nutzerseitig ab. Die Innovation des Vorhabens bestand in der Schaffung einer KI, die durch einen konstanten Lernprozess eine selbstständige Entscheidungsfähigkeit entwickelt. Die KI lernte durch die bedarfsorientierten Mobilitätsprozesse, welche Mobilitätsnachfragen im Erprobungszeitraum entstanden (differenziert nach verschiedenen Nutzergruppen) und wie eine optimale Zuordnung der vorhandenen Gefäße (modifiziert / herkömmlich) erfolgen kann.
Projektkonsortium
Das Projektkonsortium bündelte die langjährigen Expertisen aus den Bereichen Wissenschaft & Technik, innovativer Verkehrskonzepte, vernetzter Mobilität sowie kommunaler Praxis. Die Partner nutzten so Synergien und kombinierten ihre Erfahrungen aus dem Projektmanagement, Digitalisierung, KI-gesteuerten Datenanalysen, Verkehrsplanung sowie Erfahrungen im Betrieb automatisierter Shuttlebusse und Prozessoptimierung.
- Fraunhofer IML, Projektzentrum Verkehr Mobilität und Umwelt in Prien am Chiemsee
- DB Regio Bus Bayern
- FMS Future Mobility Solutions GmbH
- Q_PERIOR AG
- qdive GmbH
Das Fraunhofer IML stellte die Gesamtprojektleitung. Das Fraunhofer-Projektteam stand unter der Leitung von Frau Nicole Wagner-Hanl.
Fördermittelgeber
Das Projekt wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi), im Rahmen der Förderlinie Digitalisierung, Förderbereich Informations- und Kommunikationstechnik, gefördert.