Bewegungsbasierte Aufnahme von Pflegetätigkeiten zur automatisierten Dokumentation im Krankenhaus
Im Klinikalltag aller Pflegekräfte fallen neben der ohnehin schon komplexen Aufgabe der eigentlichen Pflege viele pflegefremde Tätigkeiten an, die zu einer zusätzlichen Belastung führen. Den größten Aufwand verursacht die Dokumentation von geleisteten Pflegetätigkeiten. Das Pflegepersonal verbringt derzeit 2 Stunden am Tag damit, Pflegetätigkeiten in sog. Leistungserfassungsbögen zu dokumentieren. Diese bilden die Grundlage für eine ordnungsgemäße Abrechnung und dienen der Qualitätssicherung, tragen jedoch nicht zur Gesundung der Patienten bei.
Das Fraunhofer IML hat sich mit dem Projekt »Eingabefreie Station« zum Ziel gesetzt, eine ganzheitliche Lösung zu entwickeln, welche die manuellen Zeitaufwände der Pflegedokumentation minimiert, das Pflegepersonal von pflegefremden Tätigkeiten entlastet und mehr Raum für eine stärkere Interaktion zwischen Patienten und Pflegenden schafft. Zusätzliche Ziele sind die Unterstützung des Medizincontrollings, die Vermeidung von Dokumentationsfehlern und die Erhöhung der Pflegequalität.
Die Forschungsidee baut auf der bestehenden Motion-Mining-Technologie zur Aufnahme und Analyse manueller Arbeitsprozesse in der Logistik und Produktion auf. Innerhalb des Forschungsprojektes wird eine Lösung bestehend aus Hard- und Softwarekomponenten zur Erfassung von Pflegetätigkeiten konzipiert. Dazu wird die bestehende Technologie den Paramatern im Krankenhaus angepasst und um wichtige krankenhausspezifische Faktoren erweitert. Das Verfahren wird auf Sensorik und Machine Learning basieren und Daten der elektronischen Patientenakte sowie intelligenter Medizingeräte integrieren. Mobile Sensoren und Mini-Funksender zeichnen während der jeweiligen Pflegetätigkeit automatisch die anfallenden Prozessdaten auf. Mithilfe intelligenter Algorithmen werden die Daten analysiert und interpretiert (Deep Learning). Anschließend können sie ohne weiteren Arbeitsaufwand durch eine Bestätigung der Pflegekraft in die elektronische Patientenakte übertragen werden.
Bei der Umsetzung wird den Themen Akzeptanz, Transparenz, Anonymisierung und Datenschutz eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Um eine praktikable und nutzerorientiere Lösung für alle Beteiligten zu entwickeln, werden die Nutzer früh in das Forschungsvorhaben integriert.
Gemeinsam mit der St. Franziskus Stiftung und den teilnehmenden Kliniken (Klinik Maria Frieden Telgte, Maria-Josef-Hospital und St. Elisabeth-Hospital), der FACT‘ IT GmbH, der MotionMiners GmbH als Technologieentwickler sowie dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), welches die Rolle des Konsortialführers einnimmt, wird über eine Laufzeit von drei Jahren (Nov. 2019 – Nov.2022) an dieser neuen Lösung geforscht, ein Proof of Concept entwickelt und in den Kliniken pilotiert. Gefördert wurde das Projekt durch die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen im Zuge des Leitmarktes Gesundheit.NRW mit einer Fördersumme von rund 1,6 Mio. Euro (Gesamtvolumen rd. 2,4 Mio. Euro).